Nova Gorica – 2025 – Gorizia

Zwei Städte – eine europäische Kulturhauptstadt

Reisender, kommst du nach…

Viele Orte Italiens zeichnen sich durch einen gelungenen Mix aus Kunst, Kultur, Kulinarik und dem gewissen südlichen Etwas aus, das nördliche Besucherherzen höherschlagen lässt. Nicht so auf den ersten Blick hin Görz. Trotz der gastfreundlichen, herzlichen Menschen, sowohl im italienischen Gorizia als auch im slowenischen Nova Gorica, erschließt sich die Stadt dem Besucher nicht spielerisch, sie will erarbeitet werden. Nur wer sich auf sie einlässt, darf in ihre Seele blicken und wird ihre Vielfalt und Schönheit erfahren.

Und immer wieder… Görz

Görz am Isonzo: Ende des 19. Jahrhunderts galt die Stadt mit ihren damals rund fünfundzwanzigtausend Einwohnern als eines der schönsten Provinzstädtchen der österreich-ungarischen Monarchie. Zu diesem Zeitpunkt war der Ort bereits seit vierhundert Jahren habsburgisch und hatte sich von einer überschaubaren Siedlung rund um eine Burg zur blühenden Kleinstadt gemausert. Die geschützte Lage am Südhang der Alpen und die Nähe zum Meer waren der Grund für ein besonders mildes Klima, was »Überwinterer« ebenso wie Menschen, die ihren Lebensabend in südlicher Wärme verbringen wollten, anlockte. Zwei Eisenbahnanbindungen – eine im Norden und eine im Süden – sorgten für eine bequeme Anreise in das »Nizza Österreichs«, wie die Stadt ab den 1870er Jahren genannt wurde. In Görz, am Schnittpunkt dreier Kulturen gelegen, vermengten sich seit jeher deutsche, italienische und slawische Lebensart zu einem selbstverständlichen Miteinander.

Die Beschaulichkeit endete jäh, als Italien im Mai 1915 in den Ersten Weltkrieg eintrat. Görz fand sich inmitten des blutigen Schlachtens am heiß umkämpften Isonzo wieder. Nach Kriegsende war ein Großteil der Häuser zerstört oder zumindest beschädigt. Die Stadt wurde nicht nur italienisch, sondern für die Irredentisten zum Symbol für die Befreiung der muttersprachigen Gebiete aus der Knechtschaft der Habsburger. Der aufkeimende Faschismus der 1920er Jahre fiel daher in Görz auf besonders fruchtbaren Boden, was sich auch in der Architektur spiegelte. Da es aufgrund der kriegsbedingten Zerstörung viele Freiflächen gab, drückte die neue Verwaltung der Stadt ihren Stempel in Form von Gebäuden im typisch faschistischen Baustil auf.

Görz ist keine Stadt, die es dem Besucher leicht macht. Vielleicht auch deswegen, weil seine Bewohner es besonders schwer hatten. Den Jahren des Faschismus, in denen vor allem die slowenisch stämmige Bevölkerung unter Repressalien zu leiden hatte, folgte eine weitere Heimsuchung. Ab 1947 zerschnitt eine neu errichtete Grenze das Gebiet fast willkürlich. Ein Landstrich, der seit Menschengedenken ein gemeinsames Ganzes gewesen war, wurde plötzlich durch einen Stacheldraht geteilt. Das alte historische Görz kam in Italien zu liegen, das Umland wurde jugoslawisch. In diesem neuen Jugoslawien entstand in den 1950er Jahren die jüngste Stadt Europas: Nova Gorica, direkt an die Grenze zu Italien auf die grüne Wiese gestellt. In Folge waren die beiden Städte bis in die frühen 2000er Jahre durch ein strenges Grenzregime getrennt.

Die Teilung des Görzer Raumes im Jahr 1947 bedeutete für die Anrainer auf beiden Seiten eine traumatische Erfahrung. Zwar sind die Wunden mittlerweile verheilt, die Narben aber noch sichtbar und die Erinnerungen frisch. So ist es kein Wunder, dass sich das Programm der Kulturhauptstadt Görz im Jahr 2025 um das Thema »Grenze« dreht. Titelträger und Initiator ist das slowenische Nova Gorica. Zusammen mit dem italienischen Gorizia wurde ein Programm auf die Beine gestellt, dessen Schwerpunkt auf das »Miteinander« gelegt wurde. Gemeinsam haben es sich die beiden Städte nun zum Ziel gesetzt, mit vielen Events an die alte kulturelle Vielfalt des Großraumes Görz-Gorizia-Nova Gorica anzuknüpfen.

Christine Casapicola

Zum laufend aktualisierten Veranstaltungsprogramm für das Jahr 2025.

Mit Übersichtsplänen, vielen bislang unveröffentlichten Abbildungen und QR-Codes, die zu historischen Filmen führen, ist das Buch nicht nur der ideale Reisebegleiter, sondern spannt im unvergleichlichen Stil der Küstenland-Bücher einen kompletten Bogen um die gesamte Geschichte der Stadt. 12 spannende Episoden geleiten den Leser von der Entstehung im Jahre 1001 bis hin zur ihrer Teilung und der Zeit danach.